Eine grundsätzliche Erwägung zum Verhältnis zwischen Kosmologie und Philosophie

Kosmogonie @, Samstag, 09. Juli 2016, 10:40 (vor 2940 Tagen) @ Rembert

Die kritische Idealisten reihen die Vorstellung am falschen Stelle ein in dem Erkenntnisprozess.


Darüber sind wir uns einig. Wir können gerne auch weiter über philosophische Fragen diskutieren. Ich bin bereit, zur Diskussion gestellte Texte zu lesen.

Allerdings möchte ich daran erinnern - nicht speziell dich, sondern auch mich selbst -, daß dieses Forum der Netzseite Kosmogonie angeschlossen ist, das heißt, es geht mir ursprünglich um die von Steiner entworfene Kosmologie.

Zwar glaube ich nicht, daß ich diese um eigene wirkliche Erkenntnisse bereichern könnte, denn dazu fehlt mir bis jetzt und bis auf Weiteres das nötige Erkenntnisvermögen. Aber diese Kosmologie ist, so wie Steiner sie dargestellt hat (hauptsächlich, aber nicht nur, in seiner "Geheimwissenschaft"), stark aufarbeitungs-bedürftig: die Darstellung ist kaum gegliedert, die Diktion zuweilen sprunghaft; bei näherem Hinsehen - vor Allem, wenn man kosmologische Äußerungen in seinen Vorträgen hinzuzieht - zeigen sich unauflösbare Widersprüche. Darauf habe ich ja auf der Hauptseite mehrfach hingewiesen.

Doch diese Kosmologie ist in ihrer Struktur durchaus interessant, unabhängig davon, ob sie im Ganzen oder in Teilen wahr ist. Vielleicht ist sogar alles an ihr bloß erfunden. Aber selbst dann bleibt sie interessant. Daher stellt sich mir die Frage: Was kann ich tun, um Steiners kosmologische Aussagen zu überprüfen, zu klären, vielleicht sogar zu erweitern? Zu den Erkenntnismitteln hat Steiner ja Vieles gesagt und zu Papier gebracht, aber auch hierin erweist sich Steiner bei näherem Hinsehen als ziemlich unklar, ja zusammenhanglos, sogar widersprüchlich. Das habe ich zunächst unter Punkt (8.) in der Einleitung gezeigt. Sodann habe ich dem Thema eine eigene Unterseite gewidmet: Zur Evolution der Erkenntnisorgane.

In dieser Sache ist nun interessant, daß Steiner die Philosophie - genauer: sein eigenes philosophisches Werk - als hilfreich für die Erlangung höherer Erkenntnisfähigkeiten bezeichnet. Das ist für mich nun wirklich eine interessante Behauptung, denn oft habe ich mich gefragt: Lohnt sich überhaupt die Mühe, ein schwieriges philosophisches Werk durchzuarbeiten? Zuletzt bin ich gescheitert an Fichtes "Anweisung zum seligen Leben", angeblich ein populärphilosophisches Werk, aber unlesbar für jemanden, der Fichtes Hauptwerke nicht schon kennt.

Nun scheint mir - und schien mir immer schon - die Philosophie Husserls eine gewisse Verwandtschaft zum Übungsweg zu haben, den Steiner angibt. Denn die Reduktion als methodisches Prinzip, die ja nicht nur eine einmalige Reduktion ist, sondern in vielerlei Arten und Stufen beschrieben wird, ist ja eine Art Katharsis. Husserls Werk ist nicht nur ein "Wissens-Behälter", sondern eher eine Wegbeschreibung. Merkwürdig nur, daß man auf diesem Wege nicht von selbst zu höheren Erkenntnissen kommt, sonnst wäre Husserl u.A. Kosmologe geworden. Aber für die "Philosophie der Freiheit" sagt Steiner ja auch, daß man durch ihren Nachvollzug zwar schon in der geistigen Welt stehe, aber noch keine geistigen Inhalte wahrnehme.

Dazu bedarf es demnach einer Umwandlung der Wesensglieder, und dies - im Erfolgsfalle - mit einschneidenden Folgen für das seelische Leben. Und die können erschütternd und sehr unangenehm sein, wie Steiner in GA 138-4, aber auch z.B. in "Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen", Vierte Meditation, beschreibt:

Dieses Gefühl kann nun etwas außerordentlich Bedrückendes haben, [...] Es hat diese Empfindung deshalb Bedrückendes, weil man zu dem Gedanken kommt, den nächsten Schritt, welchen man zu machen hat, muß man wollen. [...] Wie eine Verleugnung dessen, was man ist, ja wie eine Selbstvernichtung müßte man es empfinden, wenn man diesen Schritt nicht täte. Und doch kann auch das Gefühl auftreten, man kann ihn nicht tun, oder wenn man ihn unternimmt, so wie es möglich ist, so bleibt er unvollkommen.

Das alles verwandelt sich in die Vorstellung: so wie die Seele nunmehr ist, so liegt vor ihr eine Aufgabe, die sie nicht bewältigen kann [...] Ein solches Erlebnis hat etwas Vernichtendes für das eigene Selbst. [...] Dieser Schmerz, der auf einer Stufe der Seelenwanderschaft empfunden wird, überragt weit alles, was man an Schmerzen in der Sinneswelt empfinden kann. Und deshalb kann er auch alles das überragen, dem man durch das bisherige Seelenleben gewachsen ist. Er kann etwas Betäubendes haben. Die Seele steht vor der bangen Frage, woher soll ich die Kräfte nehmen, um zu ertragen, was mir da auferlegt ist? Und sie muß innerhalb ihres eigenen Lebens diese Kräfte finden.

Das Verhältnis dieser beiden Wege, nämlich die transzentalphilosophischen Bildung einerseits, und den direkten Erkenntnisweg anderseits, oder: die Nützlichkeit des einen für den anderen, würde ich gerne klären.

In diesem Thread geht es speziell um das Verhältnis zwischen Steiner und Husserl. Das was ich soeben thematisiert habe, kann und müßte Thema eines anderen Threads sein. Vielleicht könntest du etwas dazu sagen (und damit einen neuen Thread eröffnen)?

Gruß
Thomas


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