Andreas Delor: Forschungen zu den vergangenen vier Hauptstufen

Kosmogonie @, Montag, 01. August 2016, 12:56 (vor 2960 Tagen)
bearbeitet von Kosmogonie, Montag, 01. August 2016, 13:05

Andreas Delor hat sich außerordentlich gründlich mit der Atlantis befaßt, dann aber auch mit der Lemuris, Hyperboräis und sogar der Polaris. Mit letzterer begann - Steiner zufolge, siehe GA 104-10 - die vierte Formstufe der vierten Lebensstufe der vierten Bewußtsseinsstufe. Damit sind wir voll im Thema meiner Netzseite Kosmogonie, der dieses Forum angeschlossen ist.

Soeben bin ich, die ersten vier Bände außer Acht lassend, eingestiegen in den fünften Band der auf acht Bände angelegten Atlantis-Reihe. Die Fülle der Ergebnisse allein in diesem Teil ist überwältigend. Am Besten ist es wohl, wenn ich mein Urteil aufschiebe bis zur vollständigen Lektüre.

Anscheinend hat der Autor alles zusammengetragen, was man bei Steiner zur Kosmologie finden kann. Dabei ist ihm natürlich auch aufgefallen, daß Steiner sich oftmals widersprüchlich äußert und Unvereinbares vorträgt. Interessant ist nun aber, daß er darüber hinaus auch die riesig große nicht-anthroposophische Literatur zum Thema, ja sogar die Aussagen weiterer Hellseher zurate zieht, die er persönlich kennt. Anders gesagt: Er kompiliert nicht nur, wie unter Anthroposophen bisher üblich, sondern er forscht selbständig. Steiner ist nur einer unter vielen Autoren, die er zitiert.

Natürlich wirft eine so ergebnisreiche Forschung Fragen zur wissenschaftlichen Vorgehensweise auf. Die hat er zu meiner (vorläufigen) Zufriedenheit in einem eigenständigen, 15-seitigen PDF-Artikel beantwortet: Wissenschaftliches Arbeiten und Hellsichtigkeit. Ich habe daraus den Eindruck gewonnen, daß Andreas Delor ganz im Geiste der Bewußtseinsseele forscht. Glaubt man ihm, so stellt er seine Forschung ständig infrage. Er ist sich seines begrenzten Blickwinkels bewußt und insofern das Gegenteil eines Dogmatikers; Kritik erbittet er sich ausdrücklich.

Ich möchte, wie schon mehrmals in meinen Forum-Beiträgen, nochmals darauf hinweisen, daß das Denken aus der Bewußtseinsseele gerade unter Anthroposophen keineswegs selbstverständlich ist. Die Bewußtseinsseele bestimmt sich unter Anderem aus ihrem Selbstzweifel und ihrer Selbstkritik. So schrieb Francis Bacon (Baco von Verulam) u.A. über die Beseitigung von "Idolen", also Trugbildern; Descartes bezweifelte in seinem berühmten Gedankenexperiment Alles, bis er im sich selbst bedenkenden Denken Gewißheit fand; Kant schrieb seine Kritiken; Steiner machte den Versuch, über Kant noch kritisch hinauszugehen.

Daß man aus dem Skeptizismus und Reduktionismus dann wieder heraus-, anders gesagt, durchs Nadelöhr letztlich hindurch-kommen muß, versteht sich. Wir dürfen es aber den frühen Vertretern der Bewußtseinsseele nicht verübeln, daß sie zunächst einmal verengte Weltbilder vertraten. Es kann nämlich sein, daß sie zeitlebens an einem möglichst breiten Fundament gebaut haben, um in späteren Leben dann umso höher hinaus zu gelangen. Wer also diese frühen Materialisten verachtet, der hat ihre Bedeutung verkannt, denn es gilt: Je tiefer der Fall, desto höher der Aufstieg. Wer heute sich etwas darauf einbildet, niemals Materialist gewesen zu sein, der hat diese Evolutionsstufe vielleicht noch gar nicht erreicht, oder sehr schlecht ausgebildet, oder sie gar übersprungen - mit der Folge, daß er aus der Evolution herausfällt.

Ein typischer Vertreter der Epoche vor der Bewußtseinsseele, also der Gemüts- und Verstandesseele, war der Anthroposoph Sergej Prokofieff. Ihm war die die politische Einstellung zueigen, wie sie die katholische Kirche kennzeichnet (oder früher gekennzeichnet hat): "Wir bilden die Partei der Wahrheit; ihr bildet die Partei der Unwissenden, wenn nicht der Feinde. - Wir die Guten (oder Erlösten), ihr die Bösen (oder Unerlösten)." Eine solche Haltung kennt keine Selbstzweifel, vor Allem keine Zweifel am Idol (Steiner), welches an die Stelle Gottes tritt.

Aber auch wo offene Politik nicht zutage tritt, findet sich in anthroposphischen Werken oft noch viel von der Haltung der Gemüts- und Verstandesseele. So etwa bei Frits Julius, über den ich mich ja schon einmal geäußert habe. Ich habe mir darauf sein Buch "Die zwölf Triebe in Tier und Mensch" vorgenommen. So weit ich sehe, schreibt Julius aus einem Bewußtseinszustand, der seit Kant als überwunden gilt: er spekuliert. Zwar sind seine Charakteristiken der Sternzeichen bzw. Tiere sehr schön und lebendig. Aber er bemüht sich nicht, die Zusammenhänge wirklich zu beweisen. Sie sind weder wahr noch falsch und insofern Kunstwerken vergleichbar. Seine Vorgehensweise beschreibt er auf S. 12 so:

Zuerst richten wir unseren Blick auf die Natur als Ganzes, um festzustellen, welchen Platz die unterschiedlichen Naturreiche in ihr einnehmen. Daraufhin untersuchen wir das Verhalten der Tiere im Zusammenhang zum Naturganzen. Mit den daraus resultierenden Einsichten betrachten wir sodann den Menschen und wollen dabei versuchen, ihn auf andere Weise zu verstehen, als dies bisher möglich war.

Das klingt nach einer ganzheitlichen, holistischen Sichtweise, aber ihr fehlt das aus der Bewußtseinsseele erwachsende Fundament. Denn was er vorträgt, beweist er nicht; es läßt sich genausowenig widerlegen. Man kann es nur glauben oder nicht glauben - so wie das im Zeitalter der Kirche üblich war. Die Konsequenzen, die Julius daraus für das menschliche Leben zieht, sind daher auch saft- und kraftlos; es sind altbekannte moralisierende Einsichten, die Jeder einsieht und (fast) Niemand befolgt.

Nach der Lektüre des Kapitel "Rudolf Steiner über die Entstehung der Geschlechter" habe ich mich gefragt, ob Julius denn wenigstens seinen "Papst" gründlich gelesen hat. Das Kapitel fängt so an (S.259):

Wir wollen mit wenigen Worten skizzieren, wie Rudolf Steiner diesen Zusammenhang dargestellt hat. Eine ausführliche Darstellung ist in seinem Buch Aus der Akasha-Chronik zu finden.

In ganz alten Zeiten war der Mensch ein zweigeschlechtliches Wesen. Zur Fortpflanzung kam es, wenn eine Seele sich zur Verkörperung anschickte - also durch eine innere Ursache und nicht durch äußeren Anlaß. In diesem Stadium seiner Entwicklung war die Körperhaltung des Menschen horizontal. Die Körpergröße war viel geringer als heute.

Bei diesem letzten (durch mich markierten) Satz habe ich gestutzt. Nach Allem, was mir aus der Steiner-Lektüre erinnerlich ist, waren die Menschen (ebenso wie die Weltkörper) damals viel größer als heute, was ja auch fast denk-notwendig ist, weil die Verdichtung damals noch nicht weit fortgeschritten war. Daraufhin habe ich in der "Akasha-Chronik" nochmal hineingeschaut, aber auf die Schnelle nichts gefunden, wonach die Menschen kleiner gewesen sein sollen als heute. Vielleicht steht es doch irgendwo. Aber zur wissenschaftlichen Sorgfaltspflicht gehört es, zumindest diejenigen Behauptungen, die zum Widerspruch herausfordern, nachzuweisen. Denn selbst, wenn es wirklich "so" irgendwo steht, dann könnte es möglicherweise etwas ganz Anderes bedeuten, was sich aber erst aus dem Zusammenhang erschließt.

Und damit komme ich zurück zu dem umfangreichen "Atlantis"-Werk von Delor. Dort werden gerade derartige Detailfragen diskutiert. Und da die Kosmogonie (Welt-Entstehung) der Gegenstand vorliegender Netzseite ist, werde ich darauf eingehen müssen, und es gerne tun.

Und wohlgemerkt: Ich will hiermit keineswegs von der Lektüre von Autoren wie Frits Julius abraten. Deren Werke können ihre eigene Schönheit haben und insofern ihren Nutzen, auch insofern sie Anregungen geben können. Man muß dann aber wissen, daß man es nicht mit Forschung zu tun hat, sondern mit fertigen Konzepten, die durch Kritik nur an Geschlossenheit, und damit an spekulativer Schönheit verlieren würden. Forschung ist grundsätzlich Gemeinschaftswerk; sie ist nie abgeschlossen. Für Kunstwerke hingegen gilt die Abgeschlossenheit.


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