Bemerkungen zu "Atlantis steigt wieder auf" (Atlantis-Band 8, 7. Kapitel)

Kosmogonie @, Dienstag, 13. Dezember 2016, 13:13 (vor 2825 Tagen) @ Kosmogonie
bearbeitet von Kosmogonie, Mittwoch, 15. Februar 2017, 22:29

Nachdem soeben der achte - abschließende - Band der Atlantis-Reihe erschienen ist und ich erste Einblicke genommen habe, will ich meinerseits einige vorläufig abschließende Bemerkungen zu diesem Thema machen. Das ersetzt keine Würdigung des Gesamtwerkes. Die darin vermittelten Einsichten gehen jedenfalls entschieden über das hinaus, was Steiner zur Kosmogonie gesagt und geschrieben hat, insbesondere, was die vergangenen Hauptstufen der Erde betrifft.

Der Autor, Andreas Delor, sagt von sich, daß er selbst nicht hellsichtig sei. Die entscheidenden Aussagen kommen vor Allem von zwei Hellseherinnen, nämlich "Hilo" und "Verena". Das kann zu der Frage verleiten, wem das eigentliche Verdienst gebührt. Ich meine, daß sich die Frage schlecht beantworten läßt, denn, wie schon Steiner auf eine vergleichbare Frage geantwortet hat: Es reicht nicht, Erkenntnisse zu haben; man muß sie auch verständlich ausdrücken können. Delor kommt m.E. das Verdienst zu, zielsicher die richtigen Fragen gestellt, sodann die Antworten in einen umfassenden Zusammenhang gestellt und diesen publiziert zu haben.

Daß eine solche Darstellung auch Mängel haben wird, ist selbstverständlich und wird auch vom Autor eingeräumt. Da es nicht viele sind, fällt es mir leicht, einen bestimmten Mangel, der mir direkt "ins Auge sticht", aufzugreifen. Unvollständigkeit ist ja, wenn es um Bemängelung geht, eher erwünscht als geboten.

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Es ist die Kapitel-Überschrift: "Atlantis steigt wieder auf". Wer die Apokalypse des Johannes gelesen hat, dem wird in den Sinn kommen, daß das Tier - der Antichrist - aus dem Wasser und aus der Erde aufsteigt, während das Neue Jerusalem - die reguläre, christusgewollte Wiederverkörperung unserer Erde - sich herabsenkt. Die Bedeutungen sind also auch in ihrer Wertbezogenheit eindeutig konträr. Somit erweckt die Überschrift eine Stimmung nicht der Hoffnung, sondern des Bedrohtseins, und dies ausgerechnet am Ende des Gesamtwerkes. Ist das eine stilistische Ungeschicklichkeit, oder ist es, im Gegenteil, ein Stilmittel, um den Leser an seiner Sensationsgier zu packen?

Im Kapitel selbst ist zunächst die Rede vom Wiedererstarken mittlerweile degenerierter Kulturen, also um Atavismen. Der Autor vermeidet diesen (meist negativ konnotierten) Begriff. Ihn begeistert die Vorstellung, daß Atlantis ingestalt indigener Kulturen wieder aufsteigt. Doch sieht er zugleich die Gefahren; insofern ist seine Haltung merkwürdig schwankend. Völlig zurecht stellt er fest, daß die Zukunftsimpulse tatsächlich aus der fortgeschrittenen und jetzt erst (nicht früher schon!) ersterbenden Kultur und Zivilisation erwachsen, und daß manche indigenen Völker überhaupt nur dadurch aufblühen:

So paradox es auch erscheint: Die Erneuerungsimpulse für die indigenen Völker der Dritten Welt kommen ausgerechnet aus den Metropolen der Zivilisation - dem Bewußtseinspol der Erde - während man sich in der Dritten Welt [...] seiner Rückständigkeit schämt und bestrebt ist, alles zuzubetonieren.

Wie gesagt, Delors Haltung ist merkwürdig schwankend. Auf der einen Seite weiß er - genauer gesagt, vertritt er den anthroposophischen Standpunkt -, daß Neues nur aus demjenigen Erstorbenen erwächst, das sich zuvor bereits hoch entwickelt hatte. Was nur eine späte Nachblüte erlebt, ist nicht zukunftsträchtig, sondern unzeitgemäß und eventuell integrierbar. Anderseits machen ihn die Nachblüten euphorisch.

Woher aber dieses Schwanken? Erhellend sind Passagen wie diese:

Die Natur- und Alten Kultur-Völker der Erde kommen tatsächlich, nachdem sie jahrhundertelang von den Europäern abgeschlachtet, versklavt, gefoltert, ausgebeutet, bis aufs Mark ausgesogen, verheizt und auf die Müllberge der Slums getrieben wurden, momentan inmitten der modernen Zivilisation wieder zu sich. In ihrem überall zu beobachtenden Spirituellen Erwachen vollzieht sich gegenwärtig am Auffälligsten ein Wieder-Aufstieg von Atlantis.

Nun, die Kolonisatoren haben die gleichen Fehler gemacht wie alle Erzieher sie machen; diese Erziehungs-Fehler zum Wesentlichen zu erklären, legt Zeugnis ab von einem revolutionären Gesellschaftsbild. Hier zeigen sich m.E. unbereinigte luziferische Elemente in der Anschauung des Autors. Luzifer war ursprünglich der Bruder Christi, ist aber durch Selbstverherrlichung evolutiv ins Hintertreffen geraten und zum Rivalen Christi geworden. Der Ärger über die nicht erlangte Gott-Gleichheit treibt Luzifer bzw. die Luziferiker dazu, grundsätzlich jede Ungleichheit als Ungerechtigkeit zu werten. Aus regulär Untergeordneten und sogar aus Evolutions-Verweigerern werden dann Unterdrückte; die Unterdrückung wiederum begründet einen Bedarf an Revolte. Anstelle von Freiheit durch Erlösung tritt Befreiung durch Umsturz; anstelle von Liebesdiensten tritt die Aufwiegelung - Instrumentalisierung - der Massen zur Zerschlagung von "überholten Strukturen". Man will nicht Opfer erbringen, sondern Opfer sein, mit "berechtigten" Ausgleichs-Ansprüchen. Statt "Vergib ihnen ihre Schuld" heißt es nun: "Vergelte ihnen ihre Schuld!" Da die Befreiungs-Ideologien gebietsweise logisch konsistent sind, ist es schwer, sie zu durchschauen.

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Ich bitte, den obigen ganz speziellen Kritikpunkt nicht zu sehr zu beachten. In der Bewertung des Ganzen spielt er so gut wie keine Rolle. Ich habe ihn angesprochen, weil er mich selber beschäftigt hat und mir darum seine Beschreibung leicht von der Hand geht. In dieser Situation kommt es gewöhnlich dazu, daß man sich an Kleinigkeiten stößt und allergisch reagiert.

Eine dieser luziferischen Kleinigkeiten ist etwa - ich will die Gelegenheit jetzt einmal wahrnehmen - die sexualisierende Ausdrucksweise, etwa "Leserinnen und Leser", die ich, wirklich sehr zu meiner Verwunderung, auch in den Schriften spirituell entwickelter Autoren, etwa bei Wolfgang Weirauch (Flensburger Hefte) finde. Da wird offenbar der gängige Sprachgebrauch übernommen, welcher auf der luziferisch inspirierten Nichtunterscheidung von grammatischem und biologischem Geschlecht beruht. Wer aufmerksam denkt, weiß aber doch, daß nicht alle Hunde männlich, nicht alle Katzen weiblich und keineswegs die Pferde sächlich sind und "der Leser" folglich keine sexuelle Festlegung sein kann, die nach einer weiblichen Kompensation verlangen würde.

Daß Luziferik bisweilen auch in Komik einmündet, wird an dem Umstand ersichtlich, daß die sexualisierende Anrede ein absurdes Folgeproblem hervorbringt. Was soll denn ein Intersexueller davon halten, also ein Mensch, der es als Zumutung empfindet, Damen- oder Herren-Toiletten zu benutzen, weil er meint, weder Dame noch Herr zu sein? Der ist nun ausdrücklich nicht mitgemeint, und sein Protest, sofern er ihn äußert, besteht völlig zurecht. Das gilt aber auch für die x-hundert anderen biologischen "Geschlechter", die darauf bestehen, daß genau ihre Eigenart gewürdigt werden müsse, anderenfalls sie ausgegrenzt würden. Wir sehen: Die sexualisierende Ausdrucksweise, welche mit dem trügerischen Anspruch auftrat, Ausgrenzungen zu verhindern, erzeugt diese erst so richtig. Christus ist die Wahrheit; seinen Widersachern ist der Widerspruch und die Lüge inhärent. Nochmals, ich wundere mich, daß derlei "Kleinigkeiten" selbst aufmerksamen Denkern entgeht.

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Eine Würdigung des Innovativen im Atlantis-Werk will ich noch folgen lassen. Es ist mir unmöglich, diese Aufgabe auf die Schnelle durchzuführen, weil die Darstellung leider nicht gerade systematisch ist und zudem, ähnlich wie das Steiner-Werk, viele Wiederholungen enthält. Es handelt sich mehr um Material als um eine Gestalt. Den Extrakt werde ich, sobald ich dazu komme, auf der "Kosmogonie", Abteilung Erde, darstellen, selbstverständlich mit Quellenangaben.


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