Das ist Naturwissenschaft - im besten Sinne des Wortes

Bernhard, Sonntag, 03. Juli 2016, 09:44 (vor 3093 Tagen) @ Kosmogonie

Da Husserls Richtung in die Transzendentalphilosophie hinüberreicht und er mithin das Metaphysische als etwas Realistisches grundsätzlich in Frage stellt, weicht er eben hierdurch von Goethes Phänomenologie ab, welche das Metaphysische schlechthin voraussetzt.

Man kann den grundsätzlichen Unterschied zwischen Goethes und Husserls Phänomenologie kurzerhand so definieren:

Goethe stellt sich selbst geistoffen und frei den Phänomenen erlebend gegenüber - und empfängt in ebenso offener und freier erwartender Haltung die Antwort ihres Wesens. Und erst und nur hiermit ist die Grundlage bis hin zur höchstmöglichen Erkenntnis gegeben.

Husserl hält den Phänomenen den Spiegel seines Intellektes vor, projiziert damit dessen Vorstellungsmuster auf die Erscheinungen und reflektiert zuletzt alles dasjenige, was sie über den Intellekt hinaus nur dem Geist mitteilen können, auf ihre äußere Form zurück. Was diese Denkungsart erfasst, ist nicht das Lebendig-Wesenhafte und Sinn-erfüllende der Phänomene, sondern ihre kristallin vorstrukturierte Gesetzmäßigkeit.

Da mich persönlich die vollkommen vorbehaltlose Anschauung der Phänomene bei gleichzeitiger selbst-beherrschter und Geisteswacher Distanz wirklich an das Wesen der Dinge heranführt, nicht aber das spekulierende Nach-Denken über die Phänomene, welches mich nur ermüdet und meine schöpferische Phantasie zurückdrängt, wirst Du verstehen, weshalb ich anschauungsmäßig der Lebenspraxis Goethes näher stehe als den klassischen akademischen Intellektualtugenden!


Schönen Sonntagsgruß!

Bernhard


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